Telearbeit – klarer Rahmen für die Freiheit in der Arbeitsgestaltung

Unsere Serie zum Thema Arbeitsrecht und die Anforderungen von heute und morgen (Teil IV)

Im letzten Teil unserer Serie geht es um das Thema Telearbeit. Als Möglichkeit zur flexiblen Arbeitsgestaltung können Telearbeitsplätze zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie beitragen. Gleichwohl gibt es auch Risiken.

Der Telearbeitsplatz

Die Telearbeit ist eng mit dem Homeoffice verbunden und bezeichnet berufliche Tätigkeiten, die gänzlich oder teilweise außerhalb des Unternehmens vom Beschäftigten über verschiedenste Kommunikationskanäle wie E-Mail oder Telefon erbracht werden. Dazu kann z.B. die Arbeit am Laptop zu Hause zählen genauso wie die Teilnahme an Telekonferenzen.

Anders als Crowdworker „[…] erbringen die Beschäftigten ihre Arbeitsleistung in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis.“ [1] „Dies führt dazu, dass neben den zivilrechtlichen Führsorgeverpflichtungen nach §§617 ff. BGB grundsätzlich auch die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften (z.B. ArbSchG, ArbMedVV, BildscharbV etc.) vollumfänglich greifen.“ [1]

Anwendbarkeit der gesetzlichen Vorschriften

Zunächst ist festzuhalten, dass trotz der begrenzten Möglichkeiten des Arbeitgebers die private Arbeitsumgebung des Mitarbeiters zu beeinflussen, die folgenden Rechtsvorschriften Anwendung finden.

Gefährdungen am Telearbeitsplatz

Ebenso wie für unternehmensinterne Arbeitsplätze trägt der Arbeitgeber für Telearbeitsplätze, die sich in der Wohnung des Arbeitnehmers befinden, die Verantwortung und ist dazu verpflichtet Gefährdungen (z.B. Belastungsfaktoren) zu ermitteln und entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen einzuleiten. Bei der häufigsten Variante, den Bildschirmarbeitsplätzen, sollte der Arbeitgeber besonders auf Gefährdungen des Sehvermögens sowie körperlicher und psychischer Belastungen achten.

Bildschirmarbeitsverordnung

Diese Verordnung findet insofern Anwendung, als das Telearbeitsplätze zu einem Großteil Bildschirmarbeitsplätze sind. Demnach müssen die Anforderungen der Bildschirmarbeitsverordnung erfüllt werden. Das heißt z.B., dass der Bildschirm frei von Flimmern sein muss, die Stühle ergonomisch und die verwendete Software der auszuführenden Aufgabe angepasst sein müssen.

Laptop, Tablet oder ein Stand-PC?

Laptop, Notebook und Tablet erfreuen sich unter Arbeitnehmern größter Beliebtheit und verdrängen zunehmend den standortfesten PC. Wenn die Kompaktgeräte regelmäßig für die Erbringung der Arbeitsleistung verwendet werden, dann ist für Arbeitgeber zu beachten, dass …

  • … der Bildschirm frei und leicht drehbar sowie neigbar sein muss
  • … die Tastatur und der Bildschirm getrennt und neigbar sein müssen.

Das Resultat kann sein, dass die mobilen Geräte den Anforderungen der Bildschirmarbeitsverordnung nicht genügen, wogegen Maßnahmen durch den Arbeitgeber einzuleiten sind; bspw. kann eine Dockingstation integriert werden.

Arbeitsmedizinische Vorsorge

Eine arbeitsmedizinische Vorsorge bei Tätigkeiten an Bildschirmgeräten beinhaltet vor der Aufnahme und während der Tätigkeit in regelmäßigen Abständen eine Angebotsvorsorge anzubieten. Demnach ist der Arbeitgeber verpflichtet auch seinen Beschäftigten mit Telearbeitsplatz dieses Angebot zu machen. „Lehnt der Beschäftigte das Angebot […] ab, so bleibt der Arbeitgeber dennoch verpflichtet, das Angebot nach […] definierten Fristen zu wiederholen (§ 5 I 2 ArbMedVV).“ [1].

Unterweisungen durch den Arbeitgeber

Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet auch seine Arbeitnehmer mit Telearbeitsplätzen über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit umfänglich zu unterweisen. Dabei sollte der Arbeitgeber darauf achten, dass diese Beschäftigten auch dazu in der Lage sind, ihre Arbeitsmittel ergonomisch einzurichten, also z.B. die richtige Sitzhaltung einzunehmen. Dabei kann sich der Arbeitgeber durch einen Betriebsarzt oder einen Experten für Arbeitssicherheit unterstützen lassen.

Arbeitszeit und Pausenregelung

Auch wenn mit der Telearbeit ein erheblicher Beitrag zu Flexibilisierung der Arbeit und v.a. der Arbeitszeit geleistet wird, findet das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vollumfänglich Anwendung. Weil sich die Kontrolle der Arbeitszeit bei der Heimarbeit für den Arbeitgeber als schwierig erweist, ist es ratsam den Mitarbeiter die Arbeitszeit dokumentieren zu lassen. Dies kann z.B. arbeitsvertraglich geregelt werden. Gleiches gilt für Ruhepausen, die zwingend nach dem Gesetz einzuhalten sind.

Besonders problematisch gestaltet sich die „Ruhezeit“. Denn auch hier gilt „[…] zu beachten, dass nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit grundsätzlich eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden einzuhalten ist (§ 5 ArbZG).“ [1]. Danach werden Tätigkeiten wie das schnelle E-Mail-Lesen nach der Arbeit eigentlich vom Gesetz her nicht gestattet, weil dadurch die Ruhezeit unterbrochen wird.

Allein schon an diesem Punkt wird sichtbar, welche Widersprüche sich zwischen modernen Arbeitsformen und gesetzlichen Regelungen entwickeln. Neben dem Arbeitsrecht steht hier auch im Raum, inwieweit ein Arbeitnehmer einerseits seine erwünschte Freiheit bei der Arbeitsgestaltung umsetzen kann und andererseits der notwendige Schutz vor Belastungen stattfinden und tatsächlich kontrolliert werden kann.

Schwierigkeiten für den Arbeitgeber

Für die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen setzen §5 des Arbeitsschutzgesetzes und §3 der Bildschirmarbeitsverordnung voraus, dass die Arbeitsplätze durch den Arbeitgeber (mit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit und/oder dem Betriebsarzt) begangen werden. Demnach hat der Arbeitgeber die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen, wobei bei gleichartigen Arbeitsbedingungen die Beurteilung eines Arbeitsplatzes ausreichend ist (§5 II ArbSchG).

Was bedeutet dies für Mitarbeiter, die von zu Hause arbeiten?

„Die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeitsschutzmaßnahmen kann u.U. nur dann ordnungsgemäß gewährleistet werden, wenn der Arbeitgeber […] einen Zugang zum Telearbeitsplatz und damit zur privaten Wohnung des Beschäftigten haben.“ [1] Daraus können sich entsprechende Konflikte ergeben.

Denn der Mitarbeiter hat das Hausrecht über seine Wohnräume. Dieses gibt ihm das Recht, Personen den Zutritt oder auch den Aufenthalt in den entsprechenden Bereichen zu untersagen. „Das Hausrecht ist auch grundrechtlich verankert (vgl. Art. 13 GG) und durch das Strafrecht (§ 123 StGB) geschützt. Daher muss dem Arbeitgeber eine ausdrückliche Einwilligung zum Betreten des Telearbeitsplatzes in den Wohnräumen des Arbeitnehmers vorliegen. Hinzu kommt, dass diese bei jedem erneuten Betreten des Arbeitgebers wiederholt erteilt werden muss.

Eine Möglichkeit dem entgegenzuwirken ist, mit dem Arbeitnehmer das Zutrittsrecht zum Arbeitsplatz arbeitsvertraglich zu regeln. „Zwar wird der Arbeitgeber auch hier den tatsächlichen Zutritt nicht erzwingen können, aber es verbleiben ihm dann entsprechende arbeitsrechtliche Reaktionsmöglichkeiten.“ [1]

Des Weiteren gilt es für den Arbeitgeber zu beachten, dass die zuständige Arbeitsschutzbehörde keine Zutrittsrechte für die privaten Wohnräume des Arbeitnehmers hat.

Fazit zur Telearbeit

Telearbeitsplätze bieten sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern neue Möglichkeiten für die Gestaltung der Arbeit. Sie reichen von der Gewährung von Flexibilität und Individualität wie auch der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für den Arbeitnehmer über die Einsparung von Wegezeiten bei großen Entfernungen zwischen Wohn- und Arbeitsort bis zur Kosteneinsparung im Betrieb. Dies bietet den Arbeitgebern die Möglichkeit, die eigene Arbeitgeberattraktivität zu verbessern. Die Herausforderungen der durch die arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen – sei es durch ihre Absicherung wie auch ihren Nachweis sind jedoch nicht zu vernachlässigen.

 

Quelle:

[1] Aligbe, P. (2016). Arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen bei Telearbeitsplätzen. Arbeitsrecht Aktuell. Heft 6/2016. 8. Jahrgang. S. 132-135.